Eine Mutter quält sich durch das große Gedränge, das alltäglich an der Haltestelle Platz der Deutschen Einheit in der Bleichstraße herrscht. An der linken Hand hält sie ihren Sohn fest, mit der rechten Hand schiebt sie einen Kinderwagen mit Baby vor sich her. Auf der Hut vor vorbeieilenden Passanten und den drei Dutzend wartenden Fahrgästen, die auf dem engen Bürgersteig dicht an dicht stehen. Ein junger Mann tritt einen leeren Kaffeebecher vom Bürgersteig auf die Fahrbahn, um sich Platz zu schaffen. Die Mutter muss Schlangenlinien fahren, um an dem Menschenauflauf vorbei weiter in Richtung Fußgängerzone zu kommen.

Eine Zumutung für alle Beteiligten: der Bussteig B der Haltestelle Platz der Deutschen Einheit in der Bleichstraße. Platzmangel, Schmutz und Lärm sind die Hauptkritikpunkte.
Der Platz der Deutschen Einheit ist eine der meist frequentierten Haltestellen Wiesbadens – und raubt täglich zahlreichen Fahrgästen und Passanten die Nerven. 12000 Menschen steigen laut Eswe Verkehr täglich von Montag bis Freitag an Bussteig B ein, aus oder um (Stand 2016). Die Geräuschkulisse ist hoch, der Gehweg ist schmutzig und der Bürgersteig ist viel zu schmal für die Menschenmenge.Sitzgelegenheiten? Nur ganz wenige. Eine ältere Dame lehnt sich an die Hauswand der dort ansässigen Bankfiliale. Es scheint, als wolle sie Abstand vom Getummel gewinnen. „Es ist sehr eng hier und vor allem gruselig. Besonders am Abend. Meinen Sohn habe ich bereits vor Jahren davor gewarnt und ihm empfohlen, diese Haltestelle zu meiden“, sagt Kerstin Glätzner, die gerade auf ihren Bus wartet.
„Ich meide diese Haltestelle“
Das Thema Sicherheit kommt bei einer Befragung von Fahrgästen und Passanten an Bussteig B immer wieder auf. Es zeigt sich, dass vor allem Frauen die Haltestelle meiden, da sich besonders in den Abendstunden Gruppen von jungen Männern vor dem dort ansässigen Wettlokal tummeln. „Ich traue mich hier normalerweise nicht alleine hin. Wenn ich doch mal alleine unterwegs bin, versuche ich, schnell durchzulaufen und bloß nicht aufzufallen“, sagt Aylin Alkil, Schülerin einer Wiesbadener Schule. „In der Regel meide ich diese Haltestelle, indem ich eine vorher oder nachher aussteige und den Rest zu Fuß gehe.“
Für Kerstin Glätzner passt die Atmosphäre „einfach nicht zu dem schönen Platz auf der anderen Straßenseite“. Doch das Problem ist, dass die Straßenseite, auf dem sich der Quartiersplatz befindet, kaum genutzt wird. Denn die überwiegende Mehrheit der Passanten nutzt die Straßenseite, an der die Busse abfahren, weil sich auf dieser Seite die Fußgängerampel hin zur Fußgängerzone befindet.

Neben der Platznot ist die Haltestelle auch oft vermüllt.
Negative Entwicklung trotz Umbau
Der aktuelle Fahrplan zeigt: Zwölf Eswe-Linien und vier Nightliner fahren von Bussteig B ab. Zu Stoßzeiten wie beispielsweise zwischen 7 und 8 Uhr morgens wird diese Haltestelle von 50 Bussen pro Stunde angefahren. Das sind durchschnittlich fast ein Bus pro Minute. Nur rund 100 Meter weiter befindet sich Bussteig D. Von dort fahren täglich acht Regional-Linien ab. Das Getümmel ist weniger, da die Bushaltestelle nicht so häufig angefahren wird. Aber Platzmangel, Schmutz und Lärm lassen sich dort auch finden.
Dass der Bussteig B täglich von vielen Bussen angefahren wird, ist den meisten Befragten bekannt. Manch einer wundert sich dennoch über die negative Entwicklung. „Früher war diese Haltestelle schon nicht besonders schön, aber durch den Umbau ist sie nicht besser geworden“, sagt ein Fahrgast. Der Platz der Deutschen Einheit wurde erst im Jahr 2011 umgebaut. Alle Busse, die gegenüber der Elly-Heuss-Schule abfuhren und über den heutigen Quartiersplatz in die Bleichstraße gelangten, fahren heute vom Bussteig B ab.
Kritik auch von Geschäftsinhabern
Dass die Verlegung der Haltestellen zu solch einer Zumutung für Passanten und Fahrgäste wird, damit hat wohl niemand gerechnet. Umso verblüffender, dass selbst Geschäftsinhaber rund um den Bussteig B den Umbau für misslungen halten – trotz des Vorteils, den sie durch Laufkundschaft und wartende Fahrgäste haben: „Ich muss zugeben, dass es vor unserer Tür sehr laut und schmutzig ist. Vor allem am Wochenende ist viel los und es kann schon mal unangenehm werden“, sagt Rami Khano, Inhaber von „Georg’s Falafel & Döner Bistro“.
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Text: Adriana La Marca
Fotos: René Vigneron
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