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Als sei die Zeit stehen geblieben – Über 70 Jahre gibt es den Kiosk von Werner Scheller in der Wellritzstraße

17. Januar 2017 · admin

Um 6.30 Uhr ist es noch dunkel in der Wellritzstraße, wenn Werner Scheller die Tür seines Kiosks im Haus Nummer 22 öffnet. Ein dumpfes Klingeln ertönt, das Licht geht an. Noch einmal geht der 71-Jährige vor die Tür, um seine Auslage von der schützenden Abdeckung zu befreien. Drei Bretter mit einem surrealen Muster, in dünnen, schwarzen Linien auf weißem Hintergrund, im Graffitti-Stil. Ein Künstler aus der Nachbarschaft habe sie angefertigt. „Die fallen auf, nicht wahr“, sagt der Kioskbesitzer.

Mensch Westend / Der Kiosk in der Wellritzstraße 22 mit Besitzer Werner Scheller hinter dem Tresen. Foto: Liudmila Shkirtovskaya

Seit 1979 steht Werner Scheller in seinem Kiosk in der Wellritzstraße hinter der Theke.

Seit 1979 gehört der kleine Kiosk zu Schellers Alltag. Jeden Tag von halb sieben in der Früh bis 16 Uhr am Nachmittag. Er öffnet, wenn alle anderen noch im Bett liegen. „Es ist wichtig, damit die Leute ihre Tageszeitung zum Frühstück kaufen können“, sagt Scheller. „Mittlerweile würde es aber auch reichen, wenn ich um acht käme. Doch was bringt es, jetzt noch etwas zu ändern…“

Verschlossen aber höflich

Es ist schwer zu sagen, ob Werner Scheller gut oder schlecht gelaunt ist. Er schaut müde, der 71-Jährige wirkt sehr verschlossen, etwas mürrisch – doch immer höflich. Und wenn man länger mit ihm plaudert, lässt er auch den einen oder anderen witzigen Spruch los, schmunzelt und zieht sich sogleich wieder in seine Verschlossenheit zurück.

In seinem Laden ist alles bunt und ein wenig durcheinander. Etwas zu viel von allem auf den alten Holzregalen. Doch je länger man sich umschaut, desto mehr nützliche Dinge entdeckt man. Zeitungen und Zeitschriften, Tabakwaren, Süßigkeiten, eine kleine Menge Artikel für den Bürobedarf und eine ordentliche Auswahl Geschenkpapier. Auf der Theke neben der Kasse türmt sich sogar ein Stapel Kartons mit frischen Eiern auf.

„Überleben kann man davon nicht“

Mensch Westend / Kiosk in der Wellritzstraße 22. Street Art. Foto: Liudmila Shkirtovskaya

Eine auffällige Abdeckung schützt die Auslage.

Zu dem Laden kam er „wie die Jungfrau zum Kind“, sagt er selbst und schmunzelt. Bekannte von ihm haben das Geschäft vor seiner Zeit betrieben. Als sie weiterzogen, hat Schellers Familie den Kiosk übernommen. Zunächst standen der Bruder, die Schwägerin und seine Mutter hinter der Ladentheke. Scheller half immer wieder aus, bis er ihn schließlich komplett übernahm.

Heute schmeißt er den Laden ganz alleine. „Überleben kann man davon nicht“, dank seiner Rente funktioniert es dann aber doch. Über sein Leben vor dem Kiosk spricht Scheller nicht, winkt ab, wenn es ihm zu privat wird. Er lebt im Hier und Jetzt.

Einer der letzten deutschen Geschäftsbetreiber

Seine Erinnerungen an die Wellritzstraße gibt der Wiesbadener aber dann doch preis: „Früher nannte man die Wellritzstraße noch die ‚Wilhelmstraße des Westends‘“, erinnert er sich. Sie sei vielfältiger gewesen. Doch mit der Zeit sei alles immer mehr heruntergekommen. „Heute gibt es hier neben der Gastronomie fast nur noch Handyläden und Friseure“, kritisiert der Kioskbesitzer, der als einer der letzten deutschen Geschäftsbetreiber in der Wellritzstraße ein Exot ist.

Seine Kunden kennt Scheller überwiegend beim Namen. „Es kommen immer dieselben.“ Laufkundschaft habe er eher wenig. Einige von ihnen seien weggezogen, manche seien mittlerweile verstorben. Am Kiosk selbst hat sich in den ganzen Jahren nichts verändert, als sei die Zeit in dem kleinen Räumchen konserviert worden.

Kein Name: „Ein Kiosk ist eben ein Kiosk“

Mensch Westend / Werner Scheller vor seinem Kiosk in der Wellritzstarße 22. / Foto: Liudmila Shkirtovskaya

Werner Scheller vor seinem Kiosk in der Wellritzstraße 22.

Wie vor über 50 Jahren kommt Margarethe Schmidt durch die Tür und kauft Weihnachtskarten. „Die sind so hübsch, mit den Motiven von früher“, schwärmt die Westendlerin. Als treue Stammkundin bekommt sie heute einen kleinen Rabatt. „Schon als 25-Jährige kaufte ich hier Weihnachtskarten. Damals stand eine dicke Frau hinter der Ladentheke. In der Ecke hatte sie einen alten Kohleofen stehen. Es war immer sehr warm und gemütlich hier drin“, erinnert sich die Kundin. Etwas ordentlicher sei der Kiosk damals, in den 50er Jahren, gewesen, „allerdings war die Auswahl nicht so groß“.

Heute wie damals hat der Kiosk keinen Namen. „Warum soll ein Kiosk schon einen Namen haben. Ein Kiosk ist eben ein Kiosk“, sagt Scheller und verschwindet summend im Hinterzimmer. Wie es mit dem namenlosen Lädchen weitergeht, weiß er noch nicht. „Ich werde im nächsten Jahr entscheiden, ob ich weitermache“, sagt Werner Scheller etwas mürrisch und wird dann doch wieder melancholisch: „Ich bin sicher, mir wird was fehlen.“

Text & Fotos: Liudmila Shkirtovskaya

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Gepostet in: //Westend
Tags: Exot, Historischer Kiosk, Kiosk, Migranten, Traditionsgeschäft, Wellritzstraße, Werner Scheller, Westend, Wiesbaden, Wiesbaden Westend

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