Die Gastronomie in Deutschland hat sich seit den 1950er Jahren grundlegend verändert. Damals begann der Staat, aktiv um ausländische Arbeitskräfte, vor allem aus dem Mittelmeerraum, zu werben. Damit sollte der Mangel an Arbeitskräften in Zeiten des „Deutschen Wirtschaftswunders“ ausgeglichen werden. Es kamen sogenannte „Gastarbeiter“ ins Land und mit ihnen ihre eigene, landestypische Küche. Gleichzeitig zog es die Deutschen häufiger zum Urlaub ins Ausland – vor allem in die Länder, aus denen die Gastarbeiter stammten.
Das erste Land, mit dem das damalige Westdeutschland einen Anwerbevertrag schließt, ist im Jahr 1955 Italien. So gilt die italienische Küche als einer der entscheidenden Wegbereiter ausländischer Esskulturen in Deutschland. Vor allem italienische Eiscafés etablieren sich schnell. Ab 1970 gibt es auch mehr italienische Restaurants, so dass um das Jahr 2000 jede zehnte Gaststätte in Deutschland italienisch ist.
1960 schließt Griechenland den Anwerbevertrag mit Deutschland. Als sich Griechenland nach dem Ende der Militärdiktatur 1974 zu einem der beliebtesten deutschen Urlaubsländer entwickelt, wird die griechische Küche mit Gyros und Souflaki in Deutschland immer erfolgreicher. Ab 1961 werden dann gezielt türkische Arbeitskräfte angeworben. Im Zuge der Arbeitsmigration entstehen immer mehr türkische Restaurants und Imbisse in Deutschland. In Berlin-Kreuzberg kommt in den 70er Jahren zum ersten Mal die Idee auf, ein traditionelles, türkisches Tellergericht im Fladenbrot zu servieren: Der „Dönerkebab“ ist geboren – und vor allem Berlin gilt schnell als „Döner-Metropole“.
Der letzte Anwerbevertrag wurde 1968 mit dem ehemaligen Jugoslawien geschlossen. Die „Balkan-Küche“ ist bereits seit den 50er Jahren in Deutschland zu finden. Viele ehemalige Zwangsarbeiter eröffneten nach dem Krieg Restaurants, die von Landsleuten und Flüchtlingen aus früheren deutschen Siedlungsgebieten in Osteuropa besucht wurden. Ihr Erfolg wird zwischen 1950 und 1970 nur von italienischer Küche übertroffen. 1973 trat der Anwerbestopp für Gastarbeiter in Kraft.
Quelle: Maren Möhring: „Fremdes Essen: Die Geschichte der ausländischen Gastronomie in der Bundesrepublik Deutschland“, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2012, 555 Seiten, 69,95 Euro
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